Extreme Hitzewellen, immer längere Dürreperioden und Überflutungen nach Starkregenereignissen – der Klimawandel macht sich schon heute auch bei uns bemerkbar. Die Anpassung an die unvermeidlichen Folgen des sich verändernden Klimas gehört deshalb neben Klimaschutz zu den größten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit. Insbesondere nicht-urbane Räume stehen hierbei vor komplexen und sich stetig verändernden Herausforderungen. Für eine effektive Klimaanpassung kommt es darauf an, Vorgehensweisen zu entwickeln, welche an die jeweiligen Rahmenbedingungen angepasst sind. Eine regionale Perspektive bietet hier viele Vorteile: Lösungen für grenzüberschreitende Klimafolgen können in einem geeigneten Maßstab erarbeitet, lokale Ziele und Strategien aufeinander abgestimmt und Kompetenzen und Ressourcen gebündelt werden.

Abbildung 1: Regionen und Projektpartner:innen in der Übersicht

Die Sozialforschungsstelle der TU Dortmund und sechs Partnerinstitutionen haben seit Juli 2019 sieben Regionen in Nordrhein-Westfalen und eine Region in den Niederlanden auf dem Weg in eine klimarobuste Zukunft begleitet. Was sie verbindet, ist der Wunsch, ihre Region als lebenswerten Raum zu erhalten. Allen Regionen wurde im Projekt das notwendige Rüstzeug für eine aktive Klimaanpassung zur Verfügung gestellt. Darauf aufbauend konnten zusammen mit den regionalen Akteur:innen für jede Region passgenaue Fahrpläne zur Klimaanpassung erarbeitet werden.

In den Kreisen Wesel, Steinfurt, Soest, Siegen-Wittgenstein, Minden-Lübbecke, Coesfeld und Lippe und der niederländischen Region West-Overijssel/ Ijssel Vechtdelta haben die  Sozialforschungsstelle der TU Dortmund,  das Institut für Raumplanung der TU Dortmund, das Bildungszentrum für Ver- und Entsorgungswirtschaf (BEW), das Deutsche Institut für Urbanistik (difu), die Prognos AG, die Universität Twente und ZDF Digital über 4 Jahre hinweg die Anpassung an den Klimawandel gemeinsam in einem Verbundprojekt vorangetrieben.

Evolving Regions verfolgte drei übergeordnete Ziele:

In diesem Beitrag möchten wir unseren Blick zurückwerfen – auf die Inhalte des Projektes, wichtige Meilensteine und seine Ergebnisse.  

Projektvorstellung Evolving Regions

Im Zentrum des Projektes stand der Klimaanpassungsprozess nach der Methode des Evolving Roadmapping. Denn eine Anpassung an die Folgen des Klimawandels kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie themenfeldübergreifend, kollaborativ, koordiniert, und integriert erfolgt. Den methodischen Rahmen kann hierbei das Evolving Roadmapping darstellen. Die Methode ermöglicht es, unterschiedliche Akteur:innen einzubeziehen, Netzwerke aufzubauen und zu stärken sowie die bestehenden Kompetenzen und Ressourcen bestmöglich zu nutzen. Grundgedanken des Dialogprozesses sind dabei die Zusammenarbeit unterschiedlichster Personen, Gruppen und Organisationen zur gemeinsamen Entwicklung von Zielen, Strategien und Maßnahmen zur Klimaanpassung sowie die Befähigung von Akteur:innen, Klimaanpassung eigenständig fortzuführen.

Das Evolving Roadmapping umfasst sechs inhaltliche Schritte, welche nacheinander, teilweise aber auch parallel zueinander ablaufen: (1) Rahmensetzung und Zieldefinition, (2) Gegenwartsanalyse, (3) Forecasting, (4) Backcasting, (5) Erstellung der Roadmap und (6) Monitoring, Evaluation und Weiterentwicklung. Neben einer ausführlichen Auseinandersetzung mit den lokalen/regionalen Gegebenheiten und den zu erwartenden klimatischen, räumlichen und gesellschaftlichen Veränderungen wird von den Akteur:innen ein gemeinsames Bild einer wünschenswerten klimaangepassten Zukunft entwickelt. Aus der Gegenüberstellung von Zukunftsbild und Prognose ergeben sich die Handlungsbedarfe, zu deren Erfüllung im Anschluss gemeinsam Strategien und konkrete Maßnahmen entwickelt werden.

Der Grundgedanke des Evolving Roadmapping ist die gemeinsame Entwicklung von Zielen, Strategien und Maßnahmen zusammen mit den relevanten Akteur:innen aus der Region. Dieser kollaborative Charakter spiegelt sich in den Inhalten einer entsprechend aufgebauten Workshopreihe im Projekt Evolving Regions wider. Die Workshops wurden dabei nach regional festgelegten Themenfeldern strukturiert. Eine zentrale Rolle nahm dabei die Position des regionalen Promotors/der regionalen Promotorin ein, für welche:r in jeder Region im Projekt eine Stelle geschaffen wurde. Die Person diente als zentrale Ansprechperson für den Prozess in der Region und koordiniert zwischen den unterschiedlichen Themenfeldern und den regionalen Akteur:innen der Klimaanpassung. Am Ende der gemeinsamen Entwicklung von Maßnahmen stand ein regionaler Fahrplan, die sogenannte Roadmap, der als Handlungsgrundlage für die zukünftige Klimaanpassung dient.

Die Basis für den Dialogprozess in Evolving Regions bildeten die Klimawirkungsanalyse und das Monitoringkonzept für die Regionen. Die Klimawirkungsanalyse wurde vom Institut für Raumplanung der TU Dortmund für jeden Kreis individuell entwickelt. Bei der Klimawirkungsanalyse wird die Wirkung verschiedener klimatischer Einflüsse (z.B. Hitze oder Starkregen) auf konkrete räumliche Gegebenheiten bzw. Sensitivitäten des Raumes (z.B. Wohnbevölkerung, Gebäude oder soziale/technische Infrastrukturen) ermittelt. Ziel der Analyse ist es, für die klimatischen Einflüsse Hitze, Starkregen, Dürre und Hochwasser die lokalen und kreisweiten Klimawirkungen aufzuzeigen, um daraus klimabeeinflusste Hotspots und Handlungsschwerpunkte identifizieren zu können und somit Entscheidungsgrundlagen zu konkreten Handlungs- und Anpassungsmaßnahmen zu liefern.

Die Prognos AG hat im Monitoringkonzept für das Projekt sowohl die Prozesse und die Sicht der Teilnehmenden auf diese untersucht als auch die Ergebnisse der erarbeiteten Maßnahmen und Strategien hinsichtlich ihrer potenziellen Klimafolgenanpassungswirkung evaluiert. Mit Letzterem können die entwickelten Maßnahmen priorisiert werden. Für jede Maßnahme wurden die einzusetzenden Ressourcen (Input), die zu erzielenden Ergebnisse (Output), die erwarteten direkten Auswirkungen (Outcome) und die erwarteten übergreifenden Auswirkungen (Impact) erfasst. Für jeden dieser vier Schritte wurden Indikatoren vorgeschlagen, die zur Überwachung und Bewertung der Maßnahme verwendet werden können. Auf Projektebene wurde die Verbreitung und Kommunikation der Projektergebnisse (bspw. über Veranstaltungen, Social Media, Website etc.) evaluiert.

Weitere Informationen zum Evolving Roadmapping sowie zur Umsetzung der Methode können dem Leitfaden „Evolving Roadmapping Leitfaden für die Gestaltung von Klimaanpassungsprozessen“ entnommen werden:

Informationen zur Klimawirkungsanalyse können der Veröffentlichung „KLIMAWIRKUNGSANALYSE – ZIELE, NUTZEN, METHODE, ZUGANG“ entnommen werden:

Weitere Informationen zum Monitoring finden sich in den einzelnen Roadmaps sowie in der Veröffentlichung der Prognos AG: https://cms.evolvingregions.com/services/#monitoring-1366

Abbildung 2: Roadmapping Schritte nach der Evolving Roadmapping Methode
Ergebnisse und Impact von Evolving Regions

In vier Jahren Evolving Regions konnte das Projekt die Klimaanpassung in NRW aktiv vorantreiben. Insbesondere in den regionalen Dialogprozessen zur Klimaanpassung konnten kleinere und größere Erfolge gefeiert werden. In jeder Region wurden Ziele, Strategien und Maßnahmen in unterschiedlichen Themenfeldern entwickelt. Dabei wurden in den Regionen ähnliche Themenschwerpunkte gesetzt. Neben der Anpassung in und von Siedlungsbereichen ging es in allen Regionen auch um das Thema Landschaft im Klimawandel. Hier wurden die Themen Land- und Forstwirtschaft, Natur- und Umweltschutz sowie Freizeitnutzungen gemeinsam betrachtet und diskutiert. Das dritte Themenfeld bildete in jedem Kreis einen thematischen Schwerpunkt ab, welcher die besonderen Handlungsbedarfe der Region abbildete.  

Abbildung 3: Übersichtstabelle Themenfelder in den Regionen
Abbildung 4: Die Evolving Regions Roadmaps

In insgesamt 126 inhaltlichen Themenfeldworkshops wurden mit mehr als 620 Teilnehmenden, über 180 Maßnahmen entwickelt, die in 7 regionalen Roadmaps als Fahrpläne zur Klimaanpassung festgehalten sind. Die 7 Roadmaps unserer Evolving Regions können bei unseren Downloads heruntergeladen werden. In den Roadmaps sind die Visionen, die Klimawirkungsanalysen, die gemeinsam entwickelten Maßnahmen sowie das Monitoring der einzelnen Regionen zu finden. Pro Region wurden ca. 25 Maßnahmen entwickelt, welche Einzelmaßnahmen, konkrete Arbeitsschritte sowie die Zuteilung von Verantwortlichkeiten, relevanter Akteur:innen und Ressourcenbedarfe beinhalten. Auch mögliche Treiber und Hemmnisse der Maßnahmen wurden festgehalten.

Im Kreistag der jeweiligen Regionen wurden die Roadmaps als Handlungsleitfaden und als Basis der Klimaanpassung mehrheitlich beschlossen. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg von der Strategie in die Umsetzung. In einigen Regionen wurde der Beschluss mit der Finanzierung und Verstetigung der Position der regionalen Promotorin/des regionalen Promotors über das Projekt hinaus verbunden.

In der niederländischen Region West-Overijssel/ Ijssel Vechtdelta liegen bereits Klimaanpassungskonzepte in den Gemeinden vor. In der Zusammenarbeit mit den Partner:innen aus Zwartewaterland und Kampen stand insbesondere der Vergleich zwischen den niederländischen und den nordrhein-westfälischen Regionen und den Anpassungsbemühungen an den Klimawandel im Vordergrund. Auf Grundlage von qualitativen Interviews wurde zusammen mit der Universiteit Twente ein Vergleich zwischen dem Kreis Soest und der Gemeinde Kampen durchgeführt.

Mit dem aufgebauten Netzwerk zur Klimaanpassung zwischen den Projektpartner:innen, den Regionen und anderen Akteur:innen aus NRW konnte ein weiterer Impact des Projektes erzielt werden. Über Veranstaltungen und Netzwerktreffen entstand ein nationaler, sowie internationaler Wissensaustausch. Die kommunikative Verbreitung der Projektergebnisse wurde auf Grundlage einer Strategie von ZDF Digital durchgeführt. Hierbei stand die Selbstbefähigung der Regionen und der regionalen Promotor:innen im Vordergrund. Die Ergebnisse sind auf unserem Twitter Kanal und auf unserer Website in den regionalen Channels nachzulesen.

Auch die Beraterschulungen und Lernwerkstätten trugen zur Verbreitung der Projektergebnisse und –methode bei. In den Beraterschulungen wurden ca. 50 Beratungsunternehmen zusammen mit dem Projektpartner BEW geschult, um Klimaanpassungsprozesse nach dem Evolving Roadmapping zu moderieren und öffentliche Institutionen dahingehend zu beraten. Zusammen mit dem BEW und dem Difu wurden in den Lernwerkstätten ca. 25 Vertreter:innen öffentlicher Einrichtungen, vorwiegend aus der Verwaltung, dazu befähigt, Klimaanpassungsprozesse nach der Evolving Roadmapping Methode zu initiieren und durchzuführen.

Die Nächsten Schritte und Dank an unsere Unterstützer:innen

Am Ende des Projektes blicken wir froh auf das Erreichte in Evolving Regions zurück und schauen optimistisch in eine klimarobuste Zukunft in den teilnehmenden Kreisen. Wir konnten in den Regionen die Basis für eine aktive Klimaanpassung legen und Netzwerkstrukturen aufbauen, die auch über die Projektlaufzeit hinaus bestehen bleiben. Es wurde deutlich, was gemeinsam möglich ist, wenn sich Personen fachübergreifend austauschen und ihre Expertise einbringen. Denn oft ist die Expertise vor Ort bereits vorhanden. Mit der Entwicklung der Roadmap ist in den Regionen nun der Startschuss für eine aktive Bewältigung des Klimawandels gefallen.

Wir danken alle teilnehmenden Akteur:innen für den Austausch in den Workshops und auf unseren Veranstaltungen. Ein besonderer Dank gilt den regionalen Promotor:innen, den teilnehmenden Regionen und den Projektpartner:innen für die erfolgreiche Zusammenarbeit in den letzten vier Jahren.

Für die Umsetzung der Maßnahmen wünschen wir allen Regionen viel Erfolg und hoffen, dass die Regionen weitere Schritte in eine klimarobuste Zukunft gehen.